Monat acht im Leben zu fünft

Oder: Papas Elternzeit beginnt


Phils achter Lebensmonat ist gleichzeitig der erste Monat von Papas Elternzeit. Während D. bei den Mädchen jeweils 5 Monate lang Zuhause war, haben wir uns diesmal für ein Teilzeit-Modell entschieden: D. nimmt 10 Monate Elternzeit, in denen er die erste Hälfte der Woche auf Arbeit geht und die zweite Hälfte Zuhause ist.

Seit Wochen neckt er mich nun schon, dass meine Tage als Lieblings-Mama gezählt sind. Ganz aus der Luft gegriffen ist das nicht: Zwar war Nele von vornherein ein absolutes Papa-Kind. Lena hingegen war in ihrem ersten halben Lebensjahr durchaus auf mich fixiert. Erst in der Zeit, als ich wieder auf Arbeit gegangen bin und sie mit Papa allein Zuhause war, hat er mir den Rang abgelaufen. „Keine Chance.“, antworte ich D. selbstbewusst. Und bin heimlich doch ein wenig besorgt, D. könnte am Ende recht behalten. Bis jetzt sieht es zwar noch nicht danach aus, aber es liegen ja auch noch 9 Papa-Monate vor uns…

Vor kurzem hatte ich von Phils übermäßigem Sabbern und Spucken berichtet. Zumindest mit letzterem haben wir mittlerweile kein Problem mehr. Im März hat Phil noch einmal eine Osteopathie-Behandlung erhalten. In deren Verlauf kam das Gespräch eher zufällig auf das Thema Spucken. Die Heilpraktikerin nickte wissend, führte einige Griffe in Phils Bauchgegend durch und meinte dabei, das könnte mit dem Spucken zusammenhängen. Ich vergaß das zunächst wieder. Kurze Zeit später meinte D. jedoch, er hätte den Eindruck, dass Phil nicht mehr so viel spucken würde. Erst da fiel mir auf, dass unser Sohn schon seit Tagen kein nasses Shirt mehr hatte. Ebenso musste ich keine Brei-Flecken vom Boden wischen, die sonst immer zuverlässig den Punkt markiert haben, auf dem sich Phil nach dem Essen zum ersten Mal auf den Bauch gedreht hat. Zufall? Vielleicht, ich glaube aber nicht wirklich daran. Jedenfalls liegen sie seitdem im Schrank, meine eilig zusammengekauften Unmengen an Halstüchern, und ich habe keine Verwendung mehr dafür.

Phils Wachstum hat sich ein wenig verlangsamt, sein Gewicht hält sich schon seit einer ganzen Weile im Bereich der 9 Kilogramm-Marke. Ich bin nicht wirklich böse darüber, denn insbesondere das Tragen der Kind-MaxiCosi-Kombination ist mittlerweile wirklich anstrengend. Phil könnte eigentlich so langsam mal anfangen, zu laufen 😉

Okay, das ist vielleicht ein bisschen viel verlangt. First things first: Wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist, auf allen Vieren vor- und zurückzuwippen wie ein Schaukelpferd, übt der Kleine fleißig, sich aus der Bauchlage heraus hinzusetzen. In der zweiten Hälfte des Monats sind seine Bemühungen erstmals von Erfolg gekrönt: Plötzlich sitzt er allein im Laufgitter, ziemlich wackelig noch, aber immerhin. Bei der Gelegenheit stellt Phil fest, dass sich sein Spielzeug im Sitzen viel besser in den Händchen drehen und wenden lässt. Er wird übermütig und will sich das nächste Objekt greifen, das sich leider nicht ganz in Reichweite befindet. Er streckt sich, streckt sich noch ein bisschen weiter und… bekommt das Übergewicht. Phil fällt um und fängt an, zu weinen. Der Schmerz währt glücklicherweise nur kurz, und schon wird der nächste Versuch unternommen.

Das eigenständige Sitzen hat den weiteren Vorteil, dass wir den Kinderwagen zum Sportwagen umbauen können. Sein Gebrauch in konventioneller Version ist gefährlich geworden: Wann immer wir Phil in die Hartschale legen, dreht er sich unverzüglich auf den Bauch, versucht, in alle Richtungen hinauszuschauen und, abhängig von seiner Laune, auch gerne mal, ganz herauszukrabbeln. Das macht sich in dieser Höhe aber eher ungünstig. In sitzender Position ist Phil zum einen durch Gurte gesichert, zum anderen kann er nun bequem die Welt um sich herum betrachten, was er zurzeit noch spannend genug findet, um von ganz allein stillzuhalten.

Je selbstständiger Phil wird, desto mehr suchen seine Schwestern den Kontakt zu ihm. Wenn Nele merkt, dass Phil beim Füttern unruhig wird, beginnt sie, Faxen zu machen. Phil ist dann ganz fasziniert von ihren Grimassen und Geräuschen, starrt sie gebannt an und vergisst dabei völlig, sich gegen den Löffel zu sträuben, der ihm in den Mund geschoben wird  – ein Trick, der hervorragend funktioniert. Auch Lena kümmert sich liebevoll um Phil. Sie steckt ihm das Nucki in den Mund (ob er es gerade haben will oder nicht). Sie umarmt und kuschelt ihn, und zwar so innig, dass wir sie oft bremsen müssen. Wenn er weint, kommt sie sofort angerannt, streichelt ihn und wiederholt immer wieder „Alles gut, alles guuuuut!“. Beide Mädchen klettern mit Vorliebe zu Phil in den Laufstall und führen ihm vor, wie er ihrer Meinung nach mit den Plastiktürmchen, Rasseln und Bauklötzern spielen muss. Und abends bestehen beide darauf, ihrem Brüderchen noch einen Gute-Nacht-Kuss zu geben.

Apropos Gute-Nacht-Kuss: Im Obergeschoss geht es abends seit neuestem richtig turbulent zu. Nach dem Abendessen marschiert die ganze Familienkolonne nach oben: Vier kleine Füße trippeln auf der Treppe flink vorneweg, vier große Füße (plus zwei in der Luft schwebende Mini-Füße) etwas langsamer hinterher. Während Mama und Papa die Zimmer vorbereiten und Nele und Lena ins Bad verschwinden, robbt Phil voller Begeisterung mitten ins Gewusel: Vom Flur ins Bad, wieder zurück, hinein ins Kinderschlafzimmer und so weiter. Haare kämmen, Zähne nachputzen, Hustensaft verabreichen, beim Ausziehen helfen, zur Beeilung mahnen – zwei Eltern fehlt es einfach an Armen, Augen und Ohren, um alle Kinder gleichzeitig zu versorgen. Meist trödeln die Mädchen bei dem, was sie eigentlich tun sollen, und nutzen dafür jeden unbeobachteten Moment, um zu ihrem Brüderchen zu sausen, mit ihm um die Wette zu krabbeln, ihm neues Spielzeug zu bringen und ihn anzukuscheln. Phil quietscht und juchzt vor Freude, und seine Schwestern stimmen ein. Ab und zu wird uns das zuviel, wir müssen laut werden, und nicht selten bricht mindestens eins der Kinder in Tränen aus. In den allermeisten Fällen ist dieses geballte abendliche Familienglück aber einfach nur schön.

Und sonst? Auf Phils Köpfchen sind die letzten von der Geburt verbliebenen dunklen Haare inzwischen ausgefallen und auf Nimmerwiedersehen verschwunden – zusammen mit meiner Hoffnung, meine Haarfarbe an wenigstens eines meiner Kinder vererbt zu haben. Tja, damit muss ich mich dann wohl abfinden – noch eine Chance habe ich nicht. Vielleicht dunkeln die Haare ja nach?

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Im Sitzen behält man viel leichter den Überblick…

Ein Gedanke zu „Monat acht im Leben zu fünft“

  1. Hallo, hier spricht mam.INKA,
    seit einer geraumen Zeit lese ich deine Eintragungen mit großer Freude, weil Du einfach schön schreibst. und man hat das Gefühl, dabei zu sein.
    Lebendig erfrischend werden die kleinen und großen Nöte einer fünfköpfigen Familie beschrieben. Und du bist ehrlich in dem, was du schreibst! Da erzählt keine Supermama sondern eine, die ihre Kinder (und den Superheld natürlich) liebt, aber manchmal auch die Warnung des Körpers wahrnehmen muss, der da sagt: Akkustand niedrig.
    Mal sehen, was sich im neunten Monat alles ereignet. Ich bin gespannt!

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